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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783895613937
Sprache: Deutsch
Umfang: 232 S.
Format (T/L/B): 2.2 x 21.2 x 13.5 cm
Einband: gebundenes Buch

Beschreibung

Freelander nimmt den Leser - wie schon der Roman Buick Rivera - mit auf eine rasante Fahrt. Der pensionierte Gymnasiallehrer für Geschichte Karlo Adum erhält ein Telegramm, das ihn zu einer Testamentseröffnung in seine Geburtsstadt Sarajevo zitiert. Widerwillig und eigens mit einer Pistole bewaffnet, verlässt er Zagreb und begibt sich auf eine abenteuerliche Reise. Je näher er in seinem treuen alten Volvo dem Ziel seiner Reise kommt, desto mehr Erinnerungen steigen in ihm auf: an seine hübsche, grausame 'Mama Cica', die gern mit deutschen und italienischen Offizieren flirtete; an den verrückt gewordenen Vater; an die von der Ustascha erhängten Kommunisten vor der Kathedrale; an die Fahrt zum Meer in einem Bus mit geistig behinderten Kindern und an seine eigenen Verfehlungen in einer Welt voller nationaler Animositäten. Miljenko Jergovic zeigt sich erneut als Sprachkünstler von fulminanter Erzählfreude. Inspiriert von der Landschaft, durch die die Reise geht, sinniert er mal melancholisch, mal urkomisch über die menschliche Dummheit und den Sinn des Lebens.

Autorenportrait

Miljenko Jergovic, geboren 1966 in Sarajevo, lebt in Zagreb. Er arbeitet als Schriftsteller und politischer Kolumnist und ist einer der großen europäischen Gegenwartsautoren. Seine Bücher sind in zahlreiche Sprachen übersetzt und vielfach ausgezeichnet worden, zuletzt (gemeinsam mit seiner deutschen Übersetzerin Brigitte Döbert) mit dem Georg-Dehio-Buchpreis 2018.

Leseprobe

" Der Volvo stand so da, wie er ihn vorgestern bei der Rückkehr aus der Stadt abgestellt hatte. Orangefarben, Originallackierung, Baujahr 1975, unfallfrei, erster Halter. Vor einem Jahr hatte er versucht, ihn zu verkaufen, aber als ihm so ein Schnösel zweihundert Euro dafür anbot, nahm er davon Abstand und meldete sich nicht mehr auf Anzeigen. Er wollte mindestens drei- bis viertausend für den Wagen bekommen. Es war ein gutes Auto, zuverlässig, es ließ einen nie im Stich. All die Jahre hatte er ihn gepflegt, zweimal pro Jahr große Inspektion machen lassen, regelmäßig den Ölstand geprüft, war immer nur auf asphaltierten Straßen gefahren und nie schneller als hundertdreißig. Der Volvo schaffte durchaus hundertsechzig, hundertsiebzig, aber der Professor glaubte fest, dass ein Auto wie ein gutes Pferd war, das im lockeren Trab die halbe Welt umrundet, das man aber nur in Todesgefahr oder wenn die eigene Frau in den Wehen liegt im Galopp reiten darf. Der Professor hatte sich nie in Todesgefahr befunden und Frau Ivanka, Gott sei ihrer Seele gnädig, konnte keine Kinder haben, und so war der Volvo nie schneller als hundertdreißig gefahren, er hatte ihn nur im Trab geritten und dreißig Jahre und manches Jahr darüber erhalten. Jetzt aber standen sich Halter und Auto gegenüber, beide alt und müde, an dem einen zerrte bereits die Schwerkraft des Grabs, während das andere angeblich nur noch zweihundert Euro wert war, kaum so viel wie die beiden Tankfüllungen, die er 1975 nach Stockholm benötigt hatte, dem Venedig des Nordens, wohin der Professor und Frau Ivanka auf Ein ladung von Tante Silva gefahren waren, der Witwe des Feldmarschalls Pozaic, dessen Namen man in Briefen nicht erwähnen durfte, weil er auf dem Bild einer Militärparade zu sehen war, wie er Pavelic auf einem Schimmel mit gezücktem Säbel im Namen des früheren kroatischen Oberkommandos der Truppen an Isonzo und Piave Meldung erstattet, pensionierter österreichisch-ungarischer Offiziere, siebzig-, achtzigjähriger Greise, denen der Poglavnik mit der Umbenennung in Reserveverband des kroatischen Heeres oder wie das damals hieß eine Ehre erwies, und auch wenn sich der alte Pozaic während des Bestehens des unglückseligen Staates nie wieder in einer Uniform oder in der Nähe der Ustascha blicken ließ, packte Tante Silva wegen dieser einen, auf der Titelseite der Spremnost veröffentlichten Fotografie beim Anmarsch der Partisanen solche Furcht, dass sie den Greis bis nach Schweden und Stockholm ins Exil trieb, wo der Feldmarschall in den sechziger Jahren mit hundert Jahren starb, woraufhin Tante Silva Heimweh nach Zagreb bekam, sich aber nicht zurücktraute, obwohl sie niemandem etwas getan hatte, sondern lieber die Neffen und Nichten, die es Gottseidank gab, nach Stockholm einlud und in ihrer großen, hellen Wohnung direkt an einem Kanal unterbrachte, auf dem Enten, Schwäne und andere Wasservögel schwammen und ins Fenster schauten, als wollten sie sich vergewissern, dass dort Gäste aus dem fernen Süden weilten. Er stand vor dem Markt, betrachtete den Volvo und fand es unfassbar, dass der gerade mal so viel wert sein sollte wie das Benzin bis Stockholm. Wesentlich teurere Autos, die derzeit durch Zagreb fuhren, würden es nicht bis Stockholm schaffen, etliche würden auf halbem Weg liegen bleiben, irgendwo mitten in Deutschland auf der Autobahn auseinanderfallen, aber der Volvo, der nachweislich bis zum Nordpol fahren würde, war praktisch wertlos. Nur ein altes Auto ist noch weniger wert als ein alter Mensch. So ist das halt. Schade, dass das keiner in einem Zeitungsartikel oder besser noch in einem Buch aufschreibt, dachte der Professor, denn dieser Satz bliebe als nackte Wahrheit haften, eine von vielleicht zehn oder fünfzehn nackten Wahrheiten im Leben. Er war dem Volvo wie einem letzten Freund verbunden, wollte ihn aber trotzdem los sein, weil ihn das Auto an etwas erinnerte, das ihm Angst einjagte und von dem er nicht sagen konnte, was es war. 1975, als er zum Entsetzen des

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